Auszüge aus Strelecky’s „Big 5 for Life“
Vor langer Zeit schon wollte ich die wichtigsten Passagen des Buches „Das Leben gestalten mit den Big 5 for Life“ von John Strelecky zusammenfassen. Nun endlich kommt die Umsetzung! Meines Erachtens ist dieses Buch hinsichtlich Mitarbeiterfokus eine Pflichtlektüre für Vollblut-Personaler und Geschäftsführer. Denn
- wird ein tatsächliches Unternehmen beschrieben. Die Beispiele sind also keineswegs ausgedacht.
- stehen in dieser Firma die Mitarbeitenden wirklich im Mittelpunkt. Es gibt wunderbare Hinweise wie das im Geschäftsalltag gelebt werden kann, ohne nur ein Lippenbekenntnis zu sein.
Es handelt sich um die DLGL, einen kanadischen HR-Software-Programmierer, der in seiner 42jährigen Firmengeschichte bereits 20-mal zur „Best Managed Company“ des Landes gewählt wurde.
Ich gehe speziell auf den zweiten Punkt ein, den Mitarbeiterfokus. Denn ich finde es faszinierend wie viele Unternehmen ihre Mitarbeitenden augenscheinlich an erste Stelle stellen, es jedoch wahnsinnig viel Unmut, Unzufriedenheit und Konflikte gibt und Diversity ein buntes Logo bleibt.
In dieser Hinsicht ist hier im Wesentlichen eine kommentierte Zitatsammlung entstanden, die zum Nachdenken anregen soll. Ich bin mir sicher, dass jeder einzelne von uns im Arbeitsalltag eine klitzekleine Kleinigkeit umsetzen und damit seine Arbeitsatmosphäre verbessern kann. Ebenso kann sich jede Führungskraft davon inspirieren lassen, was für ihr Team wertvoll sein könnte, um Wertschätzung zu unterstreichen. Der Artikel ist ziemlich lang geworden. Nutze die Zwischenüberschriften, um dir die für dich interessanten Passagen herauszusuchen.
Key Insights zum Mitarbeiterfokus
Selbstdarstellung und Wertevermittlung
„Habe ich mir als Unternehmensleiter Zeit genommen, um mir klarzumachen, was wir als Unternehmen darstellen? Was unser Ziel ist? Wem wir unsere Dienstleistungen anbieten und warum? Kann ich zum Ausdruck bringen, in welche Richtung wir uns bewegen und was wir erreichen möchten? Solche Dinge inspirieren andere Menschen dazu, Teil eines Unternehmens zu werden. Und wenn man so etwas nicht zu bieten hat, bekommt man letztlich Angestellte, die nur da sind, weil sie einen Job brauchten und man selbst einen besetzen musste.“
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass es für Mitarbeitende ebenso wichtig ist, dass diese Unternehmensziele für sie greifbar gemacht werden.
- Was bedeutet das für den Arbeitsalltag jedes einzelnen?
- Wie werden Unternehmensziele auf Abteilungen und Mitarbeitende heruntergebrochen? Was ist wichtig?
- Ist wirklich jedem die Richtung klar, die eingeschlagen werden soll?
Ich persönlich bin sogar der Meinung, dass auch, wenn kein Bonus verknüpft ist, mit jedem Mitarbeitendem Jahresziele festgelegt werden sollten. Wie oben beschrieben dient das der Identifikation mit dem Unternehmen. Zusätzlich zeigt es eine gewisse Verpflichtung ihm gegenüber – eben den Mitarbeiterfokus – und letztlich fördert das sein persönliches Wachstum.
„Wenn unsere Mitarbeiter für uns an erster Stelle stehen, gefolgt von unseren Kunden, und wenn wir diese Überlegungen in ein bewährtes Geschäftsmodell integrieren, kommen die Gewinne wie von selbst. Sie sind ein Nebenprodukt unserer Fokussierung auf unsere Mitarbeiter.“
„Und das bedeutet nicht, dass sie 70 Stunden pro Woche arbeiten sollten, nur um ihren Job zu behalten oder als Leistungsträger gesehen zu werden. Wer so viel arbeitet, hat weder ein Sozialleben, noch ein Familienleben. Das ist kein Leben. Wir würden so etwas nie von unseren Mitarbeitern verlangen.“
Vom Dienstleister zum Freund
Die Philosophie der DLGL ist freundschaftlich mit seinen Klienten zusammenzuarbeiten. Z.B. werden Klieten für Workshop ins Unternehmen eingeladen, um es besser kennenlernen und sich ein Bild von der internen Arbeitsweise machen zu können. In der Regel ist es eher umgekehrt.
„Die DLGL geht auf Distanz zu den fünf Prozent der verrückten Kunden. Wenn der Kunde es nicht begreift, kündigen wir die Beziehung auf. Manchmal nach der ersten oder zweiten Besprechung. […] Auf diese Weise behalten wir die Kontrolle. Wir als DLGL können dafür sorgen, dass kein zusätzlicher Druck vom Kunden ausgeht und er zum Beispiel nicht etwa Überstunden oder andere Extras verlangt.“
Die Unternehmensturnhalle
Es klingt ein bisschen abgedroschen und ist keine neue Idee mehr. In dem Buch wird allerdings auch von Teamsports berichtet, die dem Leser schon einen gewissen Spirit vermitteln:
„Die Leute sind unglaublich fit und gesund. Und weil das so ist, haben sie kaum krankheitsbedingte Fehlzeiten. Das heißt, sie sind hier, um unsere Kunden zu betreuen. Sie machen Sport, wenn es in ihren Zeitplan passt und ihrem eigenen Biorhythmus entspricht. Und das bedeutet, sie haben den ganzen Tag mehr Energie. Daher sind sie produktiver. Sie können Probleme schneller lösen, erledigen Dinge effizienter, haben mehr Elan, wenn sie mit Kunden zu tun haben oder mit Kollegen zusammenarbeiten.“
„Aktuell sind 87 Mitarbeiter bei der DLGL beschäftigt. Dieselben Menschen waren schon vor fünf Jahren da. In einem Umfeld mit einer üblichen Fluktuationsrate von 15 bis 20 Prozent wären 300 bis 400 Leute erforderlich, um die gleichen Ergebnisse zu erzielen wie unsere 87 Mitarbeiter. Darüber hinaus hätten wir sicherlich nicht so gute Beziehungen zu unseren Kunden.“
„Behandeln Sie jeden mit Respekt.“
Alle Mitarbeitenden werden bei der DLGL gleichermaßen am Gewinn beteiligt. Um sicherzustellen, dass Feedback darüber gegeben werden kann, ob das Umfeld seinen Beitrag dazu geleistet hat, erhebt die DLGL vierteljährlich eine Beurteilung durch Kollegen (BDK). Das Prinzip, auf dem das beruht, ist denkbar einfach:
Jeder beurteilt jeden: die Reinigungskraft, der Support, die Empfangsdame, ebenso wie die Programmierer, etc. Die Umfrage ist anonym, auf einer Skala von 1bis 10. Die Skala wird erklärt und auch, worauf man bei der Beurteilung achten soll: Freundlichkeit, Eisatzbereitschaft, Engagement, Bereitschaft anderen zu helfen, Beitrag zu Gruppenzielen, Bemühungen dem Kunden zu dienen, Qualitätsbewusstsein, Teamfähigkeit.
Es wird nur ein Gesamtergebnis veröffentlicht. Mitarbeitende werden nur angesprochen, wenn ihr Wert zum Vorquartal um ≥ 0,2 Punkte abgewichen ist.
Auf diese Weise soll das Team als Ganzes gestärkt werden, unabhängig von Abteilungen, so, dass kein Konkurrenzdenken untereinander entsteht und man sich als Einheit versteht.
Nebenbei gesagt kenn ich Konkurrenzdenken aus der Beratung ja ganz gut. Ich kann dazu aus psychologischer Sicht nur sagen, dass das evolutionär gar nicht in unseren Genen liegt. Es war von Vorteil dem Säbelzahntiger gemeinsam gegenüber zu stehen…
Mit anderen auf ein gemeinsames Zeil hinzuarbeiten, lässt unser Gehirn ähnlich reagieren, wie wenn wir Geld gewinnen oder Schokolade essen.
Greater Goods Science Center, UCA Berkley
Wertschätzung und das Feiern von Erfolgen
In „Das Leben gestalten mit den Big 5 for Life“ ist vom Großen kleinen Buch der Emails die Rede. Hier geht es tatsächlich um gedruckte emails, die für die Mitarbeitenden eine besondere Bedeutung haben und die in einem Ordner für alle zugänglich sind. Die Idee ähnelt einer Wall of Appreciation, an der man z.B. gutes Klienten-Feedback visualisiert, Lob eines Kollegen, einen besonderen Team-Erfolg. Im Berufsalltag sind wir alle viel auf Autopilot und im Lösungsmodus, nehmen wie selbstverständlich hin, dass wir den ganzen Tag leisten. Eine solche Visualisierung trägt dazu bei, sich als Mitarbeitendem oder Team bewusst zu sein, welche Erfolge man schon erreicht hat und zu welchen man tagtäglich beiträgt: „Sie feiern Ihre Erfolge nicht nur, wenn Ihnen etwas gelungen ist, sondern auch noch danach.“
Loyalität & die Generation Z
Im Buch redet ein renommierter Personal- und Headhunter auf einer Veranstaltung. Seiner Einschätzung zufolge wünschten sich die Spitzenkräfte der jüngeren Generation Mobilität. Sie wollten zwei Jahre lang irgendwo arbeiten und dann in ein anderes Unternehmen wechseln. „So ist es in der Gegenwart, und das wird auch die Zukunft sein“, sagte er. „Unternehmen müssen sich daran anpassen…“
Das habe ich auch schon oft gehört. Ein Kollege hat dazu eine kleine (nicht wissenschaftliche) Studie in einem deutschen Mittelständler erstellt. Darin heißt es, die Bindung der Gen Z an ein Unternehmen erfolgt emotional, nicht rational, also durch Zufriedenheit, Motivation und Begeisterung. Dazu zählten:
- Sinnstiftende und stärkenorientierte Aufgaben
- Flexible Arbeitsbeziehungen
- Abwechslungsreiche Aufgaben
- Vorhandensein von (Aufstiegs-)perspektiven
- Möglichkeiten der individuellen Weiterentwicklung
- Positives Betriebs- und Führungsklima
- Räume für Partizipation
- Schaffung eigener Handlungs- und Entscheidungsspielräume zur Entfaltung der Potenziale
- Führungskräfte als Vorbild für Werte, Normen und Strukturen
Das ist das, was der DLGL-Geschäftsführer weiter unten unter „stimmigem Arbeitsumfeld“ verstehen könnte.
„Ich bin […] davon überzeugt, dass die neue Generation von Leuten, die häufig als illoyal bezeichnet wird, auf diese Weise reagiert, da die Unternehmen sich nicht loyal verhalten. In Wirklichkeit möchten Menschen einen Ort finden, an dem sie ein lohnendes und inspirierendes Berufsleben führen können. […]
In Wirklichkeit sind die Mitarbeiter dazu bereit, sich loyal zu verhalten. Und in einem stimmigen Arbeitsumfeld werden sie länger als zwei Jahre bleiben. Im richtigen Umfeld werden sie sogar ihr gesamtes berufliches Leben bleiben. […]
Das Problem wird durch die Unternehmen verursacht und durch die Art und Weise, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Sie schenken ihnen keine Aufmerksamkeit und tun nicht, was nötig wäre. Daher schaffen sie sich ihre Probleme selbst.“
Natürlich wirft das wiederum die Frage nach der Verantwortung auf. Sinnstiftende Arbeit zum Beispiel muss nicht jedem Mitarbeitenden auf dem Silbertablett serviert werden. Jeder kann seine Selbstwirksamkeit nutzen und zu einem gewissen Grad seine Arbeit gestalten und den Sinn erforschen.
Neue Perspektive auf unser Tun: Der Museumstag…
„…ist ein weiterer Weg, uns allen dabei zu helfen, das, was wir jeden Tag tun, aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Stellen Sie sich vor, jeder Tag unseres Lebens würde katalogisiert werden. Unsere Gefühle, die Menschen, mit denen wir zu tun haben, die Dinge, mit denen wir unsere Zeit verbringen. Und am Ende unseres Lebens würde ein Museum errichtet werden. Es würde gebaut werden, um detailliert aufzuzeigen, wie wir unser Leben gestaltet haben. Wenn wir 80 Prozent unserer Zeit für einen Job aufwenden, der uns nicht gefällt, dann wäre das auch in unserem Museum zu sehen, 80 Prozent wären damit gefüllt. […]
Wenn wir eigentlich gerne in der Natur unterwegs wären, am liebsten viel Zeit mit unseren Kindern verbringen oder das Leben mit unserem Partner genießen würden, aber all dem nur zwei Prozent unseres Lebens widmen würden, dann wird das entsprechend auch nur zu zwei Prozent in unserem Museum abgebildet, so sehr wir uns auch etwas anderes wünschen. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, am Ende unseres Lebens durch dieses Museum zu gehen. Wie würden wir uns dabei fühlen? Wie würden wir uns fühlen, wenn wir wüssten, dass man sich für immer und ewig so an uns erinnern würde, wie das Museum es zeigt? […]
Stellen Sie sich nun vor, im Himmel oder im Jenseits oder wie auch immer Sie sich das Leben nach dem Tod ausmalen, wären Sie auf ewig als Führer in Ihrem eigenen Museum unterwegs.“
Der Unterschied zwischen Exzellenz und Perfektion
„Einer der größten Fehler […], den Menschen machen, wenn sie etwas gestalten: Sie entwickeln Systeme mit dem Ziel der Perfektion, statt sich das Ziel zu setzen, exzellent zu sein.
Das gesamte Leben ist voller Unvollkommenheiten. Das lässt sich nicht ändern. Daher ist es besser, sich bewusst für bestimmte nicht ideale Dinge zu entscheiden, die man bevorzugt – damit man sie auf seine eigene Weise steuern kann-, als von unerwarteten suboptimalen Situationen überrascht zu werden.“
Nachtrag
Mit diesem Absatz, den ich mir auch immer wieder zu Herzen nehmen muss, schließe ich diesen Beitrag.
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Wie würdest du die Frage nach Illusion oder Wirklichkeit zum Mitarbeiterfokus beantworten?
Ich freue mich auf die Diskussion!
Wer auch die Zusammenfassung des ersten Bandes „Big 5 for LIfe“ hören oder lesen möchte, wird auf Blinkist fündig oder kann das offizielle Seminar besuchen. Bekannt wurde John Stelecky übrigens mit dem Buch „Das Café am Rande der Welt“.