5 Fragen…zu Shared Leadership

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Shared Leadership, also Führung als Tandem wahrzunehmen kann vielerlei Gründe haben. Teilzeit liegt im Trend, egal, ob ich Angehörige pflege, Kinder betreue oder mich meinem eigenen Start-up widme. Es ist erwiesen, dass Teilzeitkräfte auch durchaus effizienter arbeiten.
Manch ein Vorgesetzter bleibt dennoch skeptisch. Esther Langkafel von TWISE beantwortet uns im Experteninterview wie du dem begegnen kannst und welche weiteren Vorteile Shared Leadership hat.

Twise im Experten-Dialog
Esther und Vanessa im Expertendialog auf dem Karrieretag der Women&Work, 30. April 2022

Wie verkaufe ich meinem Arbeitgeber, dass Shared Leadership unterm Strich mehr Vorteile birgt als es kostet?

Da haben wir einen ganzen Strauß an Argumenten!

  1. Die Produktivität steigt um ca. 10 bis 20%, da Teilzeit echte Ruhephasen vom Job ermöglicht. Denn du hast zwei Leute, die jede Woche frisch reinkommen. Es ist dann nicht so, dass man am Donnerstag denkt „Das ist jetzt schon der vierte Arbeitstag diese Woche“, weil es ja erst der zweite ist.
  2. Jobsharing ermöglicht es in den meisten Fällen eine (geplant) 100% Präsenz im Unternehmen zu gewährleisten. Und bietet automatisch eine Backup-Lösung bei Notfällen, Krankheiten etc.
  3. Rein finanziell zahlt der Arbeitgeber nur ein Gehalt, bekommt also zwei Köpfe zum Preis von einem.
  4. Der Arbeitgeber erhält das doppelte Set an Erfahrungen und Kompetenzen.
  5. Die Qualität der Entscheidungen wird dadurch fundierter, weil es einen ständigen Austausch gibt. Im Shared Leadership Model hat jeder permanent einen Sparrings Partner. Idealerweise haben die beiden Tandem-Partner*innen eine zeitliche Überschneidung, in der sie sich gezielt austauschen und abstimmen können.
  6. Jedes Unternehmen, das Teilzeitkräfte anspricht, vergrößert sofort seinen Pool von Talenten und eröffnet sich Zugang zu bislang unberührten Ressourcen.

Was kann ich entgegnen, wenn mein Vorgesetzter jetzt immer noch gegen Shared Leadership ist, weil man vermeintlich nur am Abstimmen ist?

Ganz klar ist, dass man am Anfang einen erhöhten Abstimmungsbedarf hat, der über das normale Maß hinausgeht. Nach einer Weile ist es in der Regel jedoch so, dass, wenn die eine nicht da ist, die andere im gemeinsamen Sinne weitermacht. Der Abstimmungsbedarf nimmt ab je länger und vertrauter das Tandem miteinander arbeitet.

Wie finde ich als Bewerberin heraus, dass „Frauen in Führung“ in einem Unternehmen nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern es damit wirklich ernst meint und etwas dafür tut?

Der erste Blick sollte dahin gelenkt werden, herauszufinden, wer in welchen Positionen arbeitet. Wenn ausschließlich Männer predigen, dass ihr Unternehmen familienfreundlich und divers ist, und das möglicherweise schon seit Jahren tun, dann könnte dahinter ein strukturelles Problem stecken.

Weiterhin sollte hinterfragt werden, wie neue Stellen besetzt werden. Dazu würde ich auf z.B. über LinkedIn versuchen herauszufinden, ob die weiblichen Führungskräfte sich intern entwickeln konnten bzw. wie lange sie schon im Unternehmen tätig sind. Denn wenn es intern keine weiblichen Führungskräfte gibt, sind Unternehmen darauf angewiesen sie extern zu sourcen. In jüngster Vergangenheit gab es in der Presse Beispiele – wie das von der gescheiterten Doppelspitze bei SAP – die gezeigt haben wie schwierig es ist, sich besonders als weibliche, externe Führungskraft zu behaupten.
Dann lohnt sich möglicherweise ein Blick hin zu mittelständischen oder Familienunternehmen, die häufig einen Firmensitz außerhalb der Ballungszentren und keinen ganz großen Namen haben. Innovative Arbeitsmodelle könne ihnen helfen beim ‚War of talents‘ zu punkten.

Welche Best-Practice-Unternehmen kennst du, die Diversität schon heute sehr gut umsetzen?

Während unserer Startphase, in der wir begonnen haben, viel Kontakt zu Firmen aufzubauen, sind zwei Unternehmen besonders herausgestochen: Beiersdorf und Daimler. Bei beiden Firmen startete das in der HR-Abteilung. Es ist also nicht zufällig entstanden. Daimler hat es in der Zwischenzeit soweit institutionalisiert, dass es dort eine eigene Plattform für Shared Leadership Positionen gibt, auf der man weltweit nach Tandems suchen kann.
Edding hat mit Fränzi Kühne grade eine Teilzeit Chief Digital Officer eingestellt, was zumindest die Offenheit dafür zeigt, besonders in solch einer Position.
Als Mittelständler ist Wildling, ein deutscher Schuhfabrikant nahe Köln, zu erwähnen, der mit sehr flexiblem Arbeiten wirbt und sogar temporär 4-Tage-Wochen erlaubt, wenn es die private Situation erfordert.

Wie führt man in Teilzeit? Was muss eine Kandidatin beachten, vorbereiten, wissen? Wie wird man ernst genommen?

Auszug aus dem Experten-Dialog des Karrieretags auf der Women&Work, 30. April 2022

Der erste Schritt ist es zu überlegen: bin ich überhaupt tandemtauglich? Schaffe ich den Schritt vom „Ich zum Wir“. Bin ich bereit jemandem so zu vertrauen, dass berufliche Niederlagen gemeinsam weggesteckt werden und Siege gemeinsam gefeiert werden können? Deswegen ist es so wichtig im Vorfeld zu klären, ob die Chemie innerhalb des Tandems stimmt. Denn ohne eine gemeinsame Basis an Werten, Führungsverständnis und Arbeitsstil, kann auch ein noch so hochqualifiziertes Tandem in der Zusammenarbeit scheitern.

Weiterhin sollte man sich darüber im Klaren sein, dass das Abstimmen und Feedback geben ein Thema bleiben wird, das einen ständig begleitet. Viele Führungskräfte beklagen, dass sie allein auf weiter Flur sind. Das ist im Tandem natürlich nicht der Fall. Daher erleben wir diesen stetigen Austausch eher als Bereicherung denn als Hürde.

Zur Frage des gemeinsamen Auftretens ist es ganz wichtig nach außen hin – sowohl zu seinen Vorgesetzten als auch zu seinen Mitarbeitenden – als Einheit präsent zu sein. Es darf intern hakeln und Meinungsverschiedenheiten geben, die bringen einen weiter. Doch nach außen darf kein Blatt zwischen die beiden Tandems passen und sie müssen sich den Rücken freihalten. Das gehört zu den goldenen Regeln von Shared Leadership.

Dankeschön, Esther!

Esther Langkafel ist Co-Gründerin und Chief Marketing Officer von TWISE. Als dreifache Mutter und Kommunikationsexpertin weiß Esther genau, worauf es ankommt, um sich als Frau auf die nächste Karriereebene zu katapultieren, statt in der Teilzeitfalle zu landen: „Mit TWISE werden wir alles geben, damit die Work-Life-Integration auch wirklich klappt: Für Wiedereinsteiger*innen, Umsteiger*innen und Familiengründer*innen.

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